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Die Heimatpost

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Die Heimatpost

Eisenach, den 31.Juli 1937                                                         Wochenschau  aus Stadt und Land

 

Landeinsamkeit abseits vom großen Wege:

Berka v.d.Hainich – ein verträumtes Dorf

Berliner Mädel weisen den Pfad zum Hainich. – Stille, aber auch Arbeitsfreudigkeit im Landort – Neue Pläne der Gemeinde.

Wir Menschen des 20.Jahrhunderts wandeln gerne ausgetretene Pfade. Im Zeitalter der Technik wandeln wir gerne dorthin, wohin uns Eisenbahn und Auto bringen. Wir sind ein wenig bequem geworden, und wenn wir zum Beispiel mit dem Auto bis auf die Schanze der Wartburg fahren könnten, auch das würden wir tun…. Hat hier zwar eine vorsorgliche Verwaltung einen Riegel vorgeschoben und den Parkplatz unterhalb der Wartburg angelegt, so ist es doch unter den jährlich hunderttausenden Wartburgbesuchern nur ein geringer Teil, der auf den Berg hinaufklimmt und hier die ganze Romantik der deutschesten Burg in innerer Sammlung Schritt für Schritt in sich aufnimmt…

 

Ähnliche Erfahrungen machen die Städte und Dörfer, die von keiner Eisenbahn oder Hauptverkehrs-straße berührt werden. Sie schlafen, obwohl sehr viele unter ihnen älter als manche in letzter Zeit groß gewordene Stadt sind, ihren jahrtausendelangen Schlaf . . ..

Ein solcher Ort ist im Kreise Eisenach auch Berka vor dem Hainich, der traumverloren, abseits von allem Verkehr, in tiefster Einsamkeit liegt.

Wem fällt es wohl ein, von der Reichsstraße Eisenach – Mühlhausen, wenn er Neukirchen erreicht hat, dort abzubiegen, um nun auf Berka loszusteuern. Dazu hat man ja keine Zeit, und wenn man auch welche hat!

Und doch ist ein Abstecher nach Berka recht lohnend. Schon in Berteroda liegt ein Thüringer Naturdenkmal am Wege: die jahrhundertealte Eiche mit ihrem dicken Stamm. Da lohnt es sich schon einmal auszusteigen und im Schatten dieses riesigen Baumes zu verschnaufen!

 

Auf einer zwar weniger guten Straße, auf der ein Wagenlenker alle Fahrkunst aufbringen muss, kommt man durch gesegnetes Land; denn hier steht das früchteschwere Getreide teils gemäht, teils auf dem Halm kernig da. Auch die Rüben- und Kartoffelfelder sind prächtig bestanden, und so lassen auch die Hackfrüchte eine gute Ernte erwarten.

Als unser Wagen die Höhe erreicht hat, da breitet sich ein mächtiger Talkessel aus, überragt von dem

Kirchturm und eingerahmt von den Höhen des Hainichs.

 

Mit innerer Freude kehren wir in diesem Orte, der fast tausend Einwohner zählt, ein. Und die steigert sich immer mehr; denn überall finden wir schöne und große Bauernanwesen mit prächtigen Fachwerkhäusern, wenn auch hier und dort die alte Baukultur verlassen ist und Neubauten, die nicht recht in das Straßenbild passen, errichtet sind. Hat man sich aber in einer der Gaststätten, die gute Schenken alter Überlieferung sind, gestärkt, dann schlendert man gern noch ein Stündchen durch das Dorf. Viel Geflügel, besonders Hühner und Gänse, begegnet man auf der Straße, ein Zeichen dafür, dass die Berkaer einen Gänsebraten zur Kirmeszeit wohl zu schätzen wissen.

Still und verloren liegt der von Eichel-Streibersche Gutshof, und man kann nur die Hoffnung haben, dass in diesen schönen und großen Gebäuden bald wieder neues Leben einzieht, nachdem die bisherigen Besitzer verzogen sind. Vielleicht werden hier einmal Männer des Arbeitsdienstes, wie wir sie schon jetzt auf den Feldern und in den Straßen Berkas sehen, ständige Gäste sein. Das würde Bürgermeister Wilhelm Daut, der seit dem Jahre 1923 amtiert, ganz recht sein, denn junge Menschen bringen immer frisches Leben in einen Ort.

Aber das ist Zukunftsmusik, wie auch der Bau einer neuen Schule, der dringlich geworden ist; denn in zwei Schulsälen müssen zurzeit drei Klassen untergebracht werden. Plan und Bauplatz – wo jetzt schon die beiden Lehrerwohnungen stehen – sind bereits vorhanden, aber die Finanzen fehlen noch.

Lange aber wird es nicht mehr dauern, dann hat Berka auch eine neue Schule; denn im Nachbarort Mihla ist es doch auch gegangen….Zu den Plänen der Zukunft gehört auch eine vollständige Erneuerung der Straßen, die nach Berka führen. So ist ein allgemeiner Wunsch – und nicht nur Berkas, sondern auch der anderen an der Straße Mihla-Berka-Großenlupnitz gelegenen Orte – dass diese Straße bald einmal instandgesetzt wird. Das würde sich für diese Orte verkehrstechnisch unbedingt auswirken. Auch Mihla und Lauterbach sind besonders daran interessiert, da in ihrer Nähe der Harsberg liegt, der immer mehr dem Segelflugbetrieb erschlossen wird.

Als Bürgermeister Daut im Inflationsjahr 1923 die Geschäfte der Gemeinde übernahm, da lasteten auf Bevölkerung und Gemeinde schwere Sorgen. Aber diese sind – zusammen mit Uneinigkeit und Klassenhass – heute völlig verschwunden, und auch in Berka hat nach der Machtübernahme ein ständiger Aufstieg eingesetzt. Der Bauer und der Arbeiter – etwa hundert Berkaer sind in Eisenach beschäftigt – gehen fleißig ihrem Tagwerk nach, und gerade jetzt kann man auf den Feldern bei der Ernte den Landmann eifrig schaffen sehen.

 

Der Landhunger der Bauern konnte in der letzten Zeit durch Verpachtung von Ländereien der Gutsverwaltung gestillt werden, und auch der Arbeiter der hier im trauten Heimatort sein Häuschen hat, wo er nach seiner schweren Arbeit im Industrie- und Baubetrieb ausruht, beackert gern noch ein Stückchen Land, mit dem er fest und innig verbunden ist.

Mit Freuden sieht der Berkaer Einwohner Fremde in seinem Ort, und als dieser Tage 40 muntere Berliner Mädel, die aus Eisenach kamen und in den Hainich wanderten, hier vorbeikamen, da schauten aus allen Fenstern die Einheimischen heraus und boten freundlich ein Willkommen. Und wenn am kommenden Wochenende und noch einmal acht Tage später Schützenfest ist, dann sind Besucher aus der näheren und weiteren Umgebung gern gesehen. Wie überhaupt alle Menschen, die sich einmal in diese Stille und verträumte Ecke des Eisenacher Landkreises vor dem Lärm der Welt flüchten.

 

Die Berliner Mädel, die sich diesen wenig begangenen Pfad in den Hainich aussuchten, sind uns allen darin ein Vorbild – sie haben uns Wander- und Naturfreunden den Weg in den Hainich, aber auch nach Berka gewiesen!

Und da am Tage mehrmals Postautoverbindung nach Berka besteht, so darf es gar kein Zaudern geben: Auf in die Wald- und Landeinsamkeit Berkas!

 

(Artikel aus der Zeitung „Die Heimatpost“ vom 31.07.1937)

Petra Hartung

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